Die Planfeststellung eines Abschnitts des Radfernweges Lahn („Lahntal-Radweg“) zwischen Laurenburg und Geilnau (Rhein-Lahn-Kreis) ist rechtmäßig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und wies eine Klage des Vereins für Naturforschung und Landespflege e. V. – Pollichia – ab.
Der betreffende Abschnitt des Radfernweges erstreckt sich über eine Strecke von ca. 7,75 km im Bereich Gemarkungen der Ortsgemeinden Laurenburg, Scheidt und Cramberg. Der Radweg soll nach der angegriffenen Planung hier künftig als selbständiger Radweg entlang der Lahn in steigungsarmer Tallage geführt werden. Bislang führt der Radweg mit Höhenunterschieden über die K 23 bzw. die K 25 zwischen Laurenburg und Geilnau bzw. Holzappel. Ein Teil des geplanten neuen Abschnitts des Radwegs soll innerhalb des Naturschutzgebietes „Gabelstein-Hölloch“ verlaufen.
Der Kläger – ein anerkannter Naturschutzverein – hatte im Verwaltungsverfahren keine grundsätzlichen Einwände gegen die Planung erhoben. Im Klageverfahren machte er sich die Einwände anderer Naturschutzverbände aus dem Verwaltungsverfahren zu eigen und rügte unter anderem eine seiner Auffassung nach unzureichende Prüfung von alternativen Streckenführungen in Höhenlage („Bergvarianten“) sowie einen Verstoß des Vorhabens gegen Naturschutzrecht. Insofern machte er im Wesentlichen geltend, die Wirkungen des Radweges auf das Naturschutzgebiet „Gabelstein-Hölloch“ seien unzureichend berücksichtigt worden. Zudem genüge das Vorhaben nicht den Anforderungen des Habitat- und Artenschutzrechts, insbesondere im Hinblick auf das zu unterstellende Vorkommen des Haselhuhns und in Bezug auf die Tagfalterart Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling.
Das beklagte Land hielt die Klage bereits für unzulässig, weil die Erhebung der Klage gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße und damit rechtsmissbräuchlich sei. Denn der Kläger habe erst im Verwaltungsprozess erstmals seine Einwendungen geltend gemacht. Zudem spreche einiges dafür, dass die Klageerhebung ganz maßgeblich durch die Rücknahme der ebenfalls gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage des BUND veranlasst worden sei.
Die Kammer hielt die Klage des Vereins zwar für zulässig, wies sie aber als unbegründet ab.
Die Klageerhebung sei nicht rechtsmissbräuchlich. Denn die Einwendungen, welche der Kläger im Klageverfahren vorgebracht habe, seien bereits von anderen Naturschutzvereinigungen im Rechtsbehelfsverfahren erhoben worden, so dass der Beklagte nicht habe darauf vertrauen können, dass diese Einwendungen nicht auch im Rahmen eines Verwaltungsprozesses weiterverfolgt werden würden. Davon abgesehen sei die Geltendmachung dieser Einwendungen im Klageverfahren nicht missbräuchlich oder unredlich, weil der Kläger im Verwaltungsverfahren zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich und unmissverständlich auf die Erhebung künftiger Einwände jeglicher Art verzichtet habe. Ein Missbrauch des Klagerechts könne auch nicht aus einem Zusammenhang der Klageerhebung mit der Rücknahme der Klage des BUND hergeleitet werden. Für die Redlichkeit der Ausübung einer vorhandenen Rechtsposition sei es grundsätzlich unerheblich, aus welchen subjektiven Motiven sie erfolge.
Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Radwegplanung sei gerechtfertigt, da dieser dem überörtlichen, touristischen Radverkehr diene. Dem Vorhaben stünden auch keine zwingenden Vorschriften des Naturschutzrechts entgegen. Die Feststellung und Bewertung des Beklagten, wonach lediglich geringfügige Auswirkungen des Vorhabens auf das Naturschutzgebiet bestünden, sei nachvollziehbar und frei von Rechtsfehlern, so die Koblenzer Richter. Denn der Radweg verlaufe nicht durch das „Kerngebiet“ des Naturschutzgebietes, und der beigeladene Landkreis habe ein Vorhabenkonzept zur Eingriffsreduzierung und Störungsminimierung insbesondere durch Radfahrer zum Bestandteil der Planung gemacht. Davon ausgehend überwiege das öffentliche Interesse an der Durchführung des Radweges – begründet durch das touristische Interesse und das Interesse an einer verkehrssicheren und möglichst familien- und seniorenfreundlichen Radwegführung – die (geringfügigen) Beeinträchtigungen des Schutzzwecks des Naturschutzgebietes.
Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch nicht gegen das Habitatschutzrecht, also den Schutz des Lebensraums. Das Vorhaben führe zu keiner erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebietes „Lahnhänge“ in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen. Weder seien die Bestandserfassung und -ermittlung der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu beanstanden noch seien Fehler bei der Ermittlung und Bewertung der projektbedingten Einwirkungen – insbesondere auf das Vorkommen des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling – ersichtlich. Auch ein Verstoß gegen das Artenschutzrecht liege nicht vor. Aufgrund der Waldstruktur sei insbesondere ein Vorkommen des Haselhuhns nahezu ausgeschlossen.
Die Auswirkungen privater Wegebaumaßnahmen im Bereich des ehemaligen „Leinpfads“ könnten dem Planfeststellungsbeschluss nicht „zugerechnet“ werden.
Der Planfeststellungsbeschluss leide schließlich an keinem Abwägungsfehler. Insbesondere habe der Beklagte nicht die vom Kläger befürworteten „Bergvarianten“ näher untersuchen müssen. Denn diese liefen aufgrund eines völlig anderen Streckenverlaufs und eines Höhenunterschieds von jeweils 160 m im Streckenverlauf im Hinblick auf die mit der angegriffenen Planung verfolgten Ziele und des – in Tallage geplanten – Vorhabens auf ein anderes Projekt hinaus.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
(Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 28. November 2019, 1 K 74/19.KO)
Die Entscheidung kann hier abgerufen werden.
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